
Segler schreiben bekanntlich ihre Pläne bei Ebbe in den Sand …
Im Nachhinein müssen wir sagen, es war eine wunderbare Überfahrt. Auch wenn bei unserer Abfahrt in Cherbourg das schöne Wetter noch auf sich warten ließ, klärte es sich im Laufe des Tages auf.

Und so fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein an den Kanalinseln Saint Anne und Guernsey vorbei.

Nicht nur wegen der Hunde, sondern auch coronabedingt hätten wir auf den Inseln nicht halten können. Eine Quarantäne von 14 Tagen wäre bei Ankunft erforderlich gewesen. So genossen wir lediglich den Anblick der Inseln.
Die Nachtfahrt war auch dieses Mal sehr angenehm. Es waren wenig Boote unterwegs, einer ruhigen Wache stand nichts im Wege.
Auf den letzten Seemeilen kamen wir nur langsam voran, da wir mit 5 Knoten Gegenstrom zu kämpfen hatten.
Umso schöner war dann die Aussicht auf die wilde Küste des Departements Finistère, das „Ende der Welt“. (Die Bretonen betonen: „Der Anfang der Welt“ A.d.R).
Endlich hatten wir die Bretagne erreicht!


Als wir die Meerenge von Brest erreichten, kamen wir an dem Leuchtturm, Phare du Petit Minou, vorbei. Vom Wasser aus wunderschön anzusehen. Wir freuten uns schon darauf, vielleicht eine Fahrradtour zu diesem großartigen Fotomotiv zu machen.

Brest
In Brest gibt es zwei Häfen. Der Einfachheit halber entschieden wir uns für den ersten Hafen, Porte du Château. Er schien zentraler zu liegen und so nahmen wir das etwas industrielle Ambiente des Handelshafens sowie den vorgelagerten Militärhafen in Kauf.
Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, Brest ist seit Jahrhunderten ein bedeutender Marinehafen und immer noch Stützpunkt der französischen Atlantikflotte. Diesen Umstand sieht man der Stadt „leider“ auch an und so wurden unsere Erkundungstouren in den nächsten Tagen durch das ein oder andere militärische Sperrgebiet eingeschränkt.
Auch wenn Brest im Zweiten Weltkrieg zum größten Teil zerstört und modern wieder aufgebaut wurde, konnten wir trotzdem ein paar schöne Ecke entdecken.
Château de Brest Musée National de la Marine Tour Tanguy Pont de Recouvrance

Wie schon in den anderen französischen Innenstädten merkten wir auch hier den Einfluss durch Corona. Die Straßen waren leergefegt und hatten wenig Charme, aber wahrscheinlich sah dies vor Corona anders aus.
Oberhalb der Marina Chateau thront das Schloss. Es prägt das Stadtbild vom Hafen aus und ist beeindruckend anzusehen. Einen Teil der Festung beinhaltet eines der fünf nationalen Marinemuseen Frankreichs. Der andere Teil des Schlosses ist abgeschottet, da dort die französische Marine ihren Sitz hat.
Bedauerlicherweise mussten wir feststellen, für die Hunde gibt es in Hafennähe so gut wie gar keine Auslaufmöglichkeiten. Es sind zwar einige Restaurants vorhanden, aber Parks findet man leider nur direkt in der Stadt. Ein schneller Gang morgens mit den Hunden war somit fast unmöglich.
Und eins hatte uns im Vorfelde niemand gesagt:
Brest ist die Stadt der 1000 Stufen

Das Einkaufen mit „Hackenporsche“ und Hunden wurde durch die überall vorhandenen Treppen zu einem anstrengenden Unterfangen. Wahrscheinlich fragst du dich, wie sich Menschen mit einem Handicap in der Stadt bewegen. Ich kann es dir leider nicht sagen …
Am schlimmsten ist es, wenn Google Maps trotz Fahrradroute, die Treppen nicht berücksichtigt. Und du so gezwungen bist, in der einen Hand dein Fahrrad hochzutragen, während du in der anderen Hand ein Hund an der Leine führst. Leider ist uns das während unserer Zeit in Brest nicht nur einmal passiert.
Wahrscheinlich war Brest wegen dieser Höhenunterschiede das 4. Mal Gastgeber für den Auftakt der Tour de France 2021. Das hat bisher neben Paris nur Brest geschafft.

Es war schön anzusehen, wie sich die ganze Stadt auf das Spektakel vorbereitete. In jedem Geschäft und in vielen Fenstern hingen Trikots und die Straßen waren geschmückt.
Steggespräche
Das Schöne an unserem neuen Leben ist, man kommt schnell mit völlig wildfremden Menschen aller Nationalität ins Gespräch. Fragen wie „Woher kommt ihr? Wie lange bleibt ihr? Was ist euer nächstes Ziel?“ sind an der Tagesordnung. Und so ist es kein Wunder, als ein Pärchen aus den Niederlanden mir erzählte, sie würden noch so lange in Brest bleiben, bis sie ihre zweite Coronaimpfung hätten.
Coronaimpfung für Ausländer??
Ich konnte meinen Ohren kaum glauben. Für uns war es in den letzten Wochen immer ein Thema, dass wir ungeimpft auf Reisen waren. Eine Rückreise nach Deutschland für die Impfung war für uns keine Option. Bisher hatten wir geglaubt, wir müssten bis in die Karibik warten. Dort wurden bereits viele Segler geimpft.
Sollte es wirklich so sein, dass nunmehr eine andere Option im Raum stand? Das war unfassbar. Ich war noch nie soo aufgeregt.
Da ich zum Zeitpunkt des Gespräches allein an Bord war, musste ich anstrengende Minuten (die sich wie eine Ewigkeit angefüllt haben) warten, bis ich endlich Carsten von dieser Neuigkeit erzählen konnte.
Beide nahmen wir unsere Handys in die Hand, um ganz einfach über die französische Corona-App einen Termin in Brest zu vereinbaren. Keine 10 Minuten später, hatten wir beide 2 Impftermine. Den Ersten schon eine Woche später!
Und noch einmal: Wir konnten es kaum glauben! Wir waren wirklich aufgeregt!
Warum war dies in Deutschland nicht möglich? Ach, egal….
Vive la france!
Für uns war sofort klar, unsere Reisepläne werden wir an die Impftermine anpassen. Die Coronaimpfung hatte für uns 1. Priorität.
Und so entschieden wir, erst einmal in Brest zu bleiben.
Mit dem Dinghy schauten wir uns den anderen Hafen in Brest an. Es stellte sich heraus, diese Marina befand sich zwar etwas außerhalb der Stadt, war dafür aber wunderschön gelegen. Für die Hunde und zum Entspannen ideal. Bei schönem Wetter konnte man an den Strand oder vielleicht abends mal etwas mit den SUPs fahren.
Der Plan stand. Sobald wir die 1. Impfung erhalten haben, wollten wir in die andere Marina umziehen.
Am Impftag machten wir uns schon früh auf den Weg, da wir auf keinen Fall zu spät kommen wollten. Beide hatten wir die Befürchtung, dass Ausländer von dem Impfangebot nicht betroffen sein könnten. Als wir vor Ort ankamen, stellte sich das Impfzentrum als eine Außenstelle des Militärkrankenhauses heraus. Ein reges Kommen und Gehen war zu beobachten.
Anscheinend wurde das Impfangebot hervorragend angenommen. Als wir die Kontrolle passierten, merkten wir schnell, unsere Aufregung war unbegründet. Das Personal im Impfzentrum war phänomenal. Da wir kein Französisch sprechen, suchte man einen Mitarbeiter, der sich zumindest sehr gut in Englisch mit uns verständigen konnte. Dieser Mitarbeiter begleitete uns während der ganzen Prozedur und regelte alles für uns.
Es war einfach unbeschreiblich! Wir konnten unser Glück nicht fassen. Das Problem “Impfung“ haben wir gemeistert.
Nun freuten wir uns auf den neuen Hafen, um dort das schöne Wetter zu genießen.

Auf der kurzen Überfahrt probierten wir unsere neueste Anschaffung, ein Leichtwindsegel aus.
Und natürlich kommt es mal wieder ganz anders als geplant.
Kaum waren wir in dem neuen Hafen eingetroffen, änderte sich das Wetter. In Deutschland schwitzte man und hier in der Bretagne liefen wir mit Fleece und Regenjacke herum. Verkehrte Welt.
Aber wir haben gelernt,
Segelpläne sind bei Ebbe in den Sand geschrieben ….
Und wieder fängt ein Satz mit „eigentlich“ an … Ja, eigentlich war geplant, sich die Bretagne während der 5 Wochen Impfpause anzuschauen. Aber das Wetter war wirklich sehr „atlantisch“ und vor allem kalt. Uns behagte die Vorstellung, in der Kälte zu segeln, um sich bei Regen irgendwelche Orte anzuschauen, gar nicht. Und so entschlossen wir uns, bei der Marina nachzufragen, ob sie uns nicht einen guten Wochenpreis machen könnten. Und siehe da, wir bekamen einen Monatsvertrag, der die Hafengebühren angenehmer machte.
Wie zuvor erwähnt, liegt die Marina Moulin Blanc sehr schön. Mit den Hunden konnten wir ausführliche Spaziergänge oder Fahrradtouren unternehmen.

Außerdem nutzten wir das schlechte Wetter, um administrative Dinge, wie Buchhaltung zu erledigen oder endlich unser Apothekenvorrat zu katalogisieren. Ferner müssen wir noch einige Bootsprojekte angehen, bevor wir über die Biskaya starten …
Fazit
- Man kommt mit vielen interessanten Mensch ins Gespräch und oftmals erfährt man neue Dinge, von denen man sonst nie erfahren hätte.
- Ja, durch die Impfpause und die lange Zeit in Brest, werden wir einige Orte nicht besuchen können. Aber hey, damit muss man wohl bei einer Weltumsegelung rechnen … Es gibt Schlimmeres.
- Die Zwangspause hat uns geholfen, unseren eigenen Takt zu finden. Wir sind ruhiger und entspannter geworden. Es ist völlig egal, an welchem Ort wir sind. Selbst bei schlechtem Wetter.

