La Palma oder besser „La Isla Bonita“

Gegen Mittag verzog sich der dichte Nebel und wir machten uns auf unseren Weg zu den Kanaren. La Palma wir kommen! 950 Seemeilen lagen vor uns. Auch wenn die Windvorhersage nicht optimal war, freuten wir uns auf die Fahrt; stellte sie doch einen weiteren Meilenstein unserer Reise dar.

Schnell fanden wir in unsere Bordroutine, obwohl wir die ersten 2 Tage wieder unter Seekrankheit litten. Aber vielleicht gehört auch das zu unserer Bordroutine, wer weiß …

Die Tage vergingen und unsere Hydrovane leistete ganze Arbeit.

Exkurs für alle Nichtsegler: Unsere Hydrovane ist eine Windsteuerungsanlage, die das Schiff unter Segel autark steuert. Wenn sie richtig eingestellt ist, hält sie den Kurs zum Wind relativ genau. Das Gute an einer Windsteuerungsanlage ist, sie benötigt keinen Strom, ist flüsterleise und sehr simple aufgebaut.

Die Temperaturen wurden zunehmend wärmer. Bikiniwetter stellte sich ein, blauer Himmel, blaues Wasser … So macht segeln Spaß.

Leider schlief der Wind am 4. Tag früher als gedacht ein. Segeln war nicht mehr möglich. Laut Windvorhersage sollte sich dieser Umstand auch in den nächsten Tagen nicht ändern. Daher entschlossen wir uns, zu Motoren. Schließlich konnten wir nicht tagelang mit 2 Knoten umherdümpeln. Carsten hatte nur 8 Tage Urlaub genommen und so mussten wir in dem gesetzten Zeitrahmen ankommen.

Es war klar, unser Dieselvorrat würde nicht für die restliche Strecke reichen. Da unsere Route recht nah an Porto Santo vorbeiführte, war eine Option, dort nachzutanken. Aus der Vergangenheit wussten wir, nicht jeder Hafen hat eine Tankstelle. Viele Häfen werden von mobilen Tankwagen beliefert. Dies bedeutet aber, man muss die abzunehmende Dieselmenge vorbestellen. Tja, Probleme sind dazu da, sie zu lösen…

Natürlich hatten wir mitten auf dem Atlantik keinen Handyempfang. Zum Glück hatten wir unser Iridium Go freigeschaltet und so mussten wir versuchen, den Hafen über das Satellitentelefon zu erreichen. Was sich als nicht ganz einfach herausstellte, da das Büro nicht durchgehend besetzt war. Letztlich erreichten wir nach bangen Stunden den Hafenmeister, der uns eine Betankung für den nächsten Tag um 9:00 Uhr zusagte.

Tanken in Porto Santo

Das Tanken hatte super funktioniert. Der Tankwagen war pünktlich vor Ort.

Nachdem wir uns noch offiziell in Porto Santo angemeldet hatten, konnten wir unsere Fahrt nach La Palma fortsetzen.

Leider waren wir immer noch in einem Windloch und an Segeln war weiterhin nicht zu denken. Da der Tank aber gefüllt war, genossen wir die ruhige Fahrt.

La Palma wir kommen

Und natürlich musste es kommen, wie es immer kommt …. Wir hatten La Palma noch nicht ganz längsseits, als wir in die berüchtigte Acceleration Zone kamen. Die Acceleration Zone ist ein Düseneffekt, den man zwischen den Kanarischen Inseln findet. Der Windmesser zeigte innerhalb wenigen Minuten über 25 Knoten an, zusätzlich hatten wir nun mit einer unangenehmen hohen Welle zu kämpfen. Die Blackfield wurde ordentlich durchgeschüttelt. So hatten wir uns das Ankommen nach 6 Tagen nicht vorgestellt.

Leider nahm der Wind auch im engen Hafen nicht ab und an ein entspanntes Anlegemanöver war nicht zu denken. Aber hey, man wächst mit seinen Aufgaben.

Ganz nach dem Motto „Augen zu und durch! Schließlich mussten wir in die Box.“ Hinterher sagte uns der Hafenmeister, dieser starke Wind wäre im Hafen recht unüblich. Es war klar, dass wir in einer solchen Situation ankommen mussten …

Nie war ein Name passender

Am nächsten Tag holten wir unseren Mietwagen ab und entdeckten die Insel. Mit jedem gefahrenen Serpentinenkilometer beeindruckte uns „La Isla Bonita“ mehr.

Es ist kaum in Worte zu fassen. Eine so kontrastreiche Landschaft hatten wir noch nie gesehen. Die Steilküste, die hohen Berge und die üppigen Wälder sind einzigartig. Nicht umsonst ist sie von der UNESCO offiziell zu einem Weltbiosphärenreservat erklärt worden, um den Naturraum zu schützen.

Wir konnten uns kaum entscheiden, was wir uns alles ansehen wollten und so machten wir uns jeden Nachmittag auf den Weg neue Einzigartigkeiten der Insel zu entdecken…

Über den Wolken …

Die Straße zu dem höchsten Punkt der Insel toppte jede unserer bisher gefahrenen Alpenstraßen. So enge Serpentinen mit einem atemberaubenden Blick hatten wir selten gesehen. Teilweise konnten wir nur im 2. Gang die steilen engen Straßen erklimmen. Aber was uns dann auf den Roque de los Muchachos (2.400 m) erwartete, war spektakulär.

Leider durften wir die Hunde nicht mitnehmen und so mussten wir uns mit einem kurzen Abstecher begnügen.

Hier oben befindet sich das international renommierte Observatorium „Roque de Los Muchachos” (ORM).

Dieses Observatorium ist im weltweiten Vergleich eine der am besten ausgestatteten Anlagen zur Sternbeobachtung. Zusammen mit der einzigartigen Beschaffenheit des meist wolkenfreien Nachthimmels hat sich La Palma zu einem der bedeutendsten Orte für die wissenschaftliche Befassung mit Himmelskörpern entwickelt. Es herrscht hier eine nahezu reine Atmosphäre, die ohne Luftwirbel und durch den Atlantik stabilisiert tiefe Einblicke in das Universum erlaubt.

Interessant ist, La Palma war eines der ersten Orte der Welt, in dem das „Himmelschutzgesetz“ galt. Dies ist ein extra erlassenes Gesetz, um den Astrophysikern langfristig optimale Bedingungen für ihre wissenschaftliche Arbeit zu garantieren. Außerdem ist man der Meinung

„Das Recht auf einen nicht verseuchten Himmel, der erlaubt, die Betrachtung des Firmaments ungetrübt zu genieβen, muss als unveräuβerliches Recht der Menschheit gesehen werden vergleichbar mit Menschenrechten wie z.B. sozialen, kulturellen Umfelds…“

Dieses Gesetz regelt die Entstehung potenzieller Störfaktoren, wie eine helle Nachtausleuchtung der Insel, elektrostatische Verunreinigungen der Atmosphäre sowie die Freizone von Flugrouten usw.

Starlight-Reservat

2012 wurde La Palma als weltweit erstes UNESCO-Starlight Reserve zertifiziert.

Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen, dies persönlich zu überprüfen. So sind wir in einer wolkenlosen Nacht zu einem der vielen ausgewiesenen Sternenbeobachtungspunkte gefahren und waren einfach nur geflasht. Natürlich haben wir mitten auf dem Atlantik auch schon einzigartige Sternenhimmel erlebt. Das schöne hier war aber, das man sie anders als auf einem wackligen Boot auch fotografieren konnte.

Wanderinsel

Da La Palma ein Wanderparadies ist, nutzten auch wir die Wochenenden für „ausgiebige“ Wandertouren.

Der Lorbeerwald „Los Tilos“ ist das älteste Weltbiosphärenreservat der Insel. Seine Flora und Fauna sind wie alles hier auf der Insel beeindruckend. Wir fühlten uns wie im Märchenwald.

Auch wenn wir den Nationalpark „Caldera de Taburiente“ mit den Hunden nicht besuchen konnten, haben wir andere schöne Routen in den Naturparks gefunden. Wobei ich sagen muss, wandern in der Hitze ist nicht zu unterschätzen. Der Wasserbedarf gerade auch für die Hunde ist enorm und das Wasser muss den Berg hochgeschleppt werden, da es hier keine natürlichen Wasserstellen gibt … Aber was tut man nicht alles für die Hunde.

Für unsere Wandertouren haben wir die Komoot-App genutzt. Die Touren waren in der Regel verständlich beschrieben, nur sollte man darauf achten, die Route vor Beginn vollständig runterzuladen. Denn wie wir schmerzlich erfahren mussten, hat man in den Bergen nicht unbedingt immer Internet. Aber wir sind ja noch im Lernmodus …

Der Weg ist das Ziel

Auch wenn uns oft der Rücken vom langen Autofahren wehtat, jeder Kilometer hat sich gelohnt. La Palma ist aus jetziger Sicht eine der schönsten Orte, die wir bisher (auch vor unserer gemeinsamen Reise) besucht haben.

Wir können die vielen Aussteiger verstehen, die sich hier niedergelassen haben.

Bilder sagen mehr als 1000 Worte.

Alles wäre so schön gewesen, wenn da nicht der 19. September gewesen wäre, der einem Knall so vieles verändert hat …. Aber davon später mehr ….

FAZIT

  • 6 Tage auf See sind kein Problem. Die Tage vergehen wie im Flug.
  • Die Erkenntnis, vom Festland nach La Palma gesegelt zu sein, ist fantastisch.
  • Es ist ein umwerfendes Gefühl an Orten zu leben, wo andere nur ein paar Tage Urlaub machen können.
  • Wir sind super dankbar, dies erleben zu können.
  • Wie immer waren Don und Monthy auf der ganzen Überfahrt großartig. Das tägliche Business war kein Problem.
  • La Palma wird auf jeden Fall ein Höhepunkt unserer Reise bleiben.

4 Kommentare zu „La Palma oder besser „La Isla Bonita““

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  2. Liebe Susanne, lieber Carsten, ein wunderbarer Bericht mit unfassbar schönen Bildern.. Am nachhaltigsten ist bei mir das „Himmelschutzgesetz“‚ hängen geblieben. Ja, das sollte überall gelten und mit dem „Erde-Schutzgesetz“ergänzt werden. Passt auf euch auf‼️‼️

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