Prolog:
Ich möchte lediglich unsere Gedanken, die wir uns vor, während und nach der Atlantiküberquerung gemacht haben, niederschreiben. Dies wird kein Segelbericht werden.
Am 14. Dezember war es so weit. Das Wetter hatte sich etwas beruhigt. Entweder fuhren wir jetzt los oder wir mussten noch einmal weitere 14 Tage warten. Ein Azorentief folgte dem Nächsten. Die Vorhersagen wurden nicht besser.
Bei einem jetzigen Start sagte PredictWind eine Fahrzeit von 21 Tagen voraus.
Wir waren ziemlich nervös. Wussten wir zwar, was es bedeutet, 6 Tage auf See zu sein… Aber war uns wirklich klar, was 21 Tage bedeuten? Ein befreundeter Segler sagte uns vor unserer Biskaya-Überquerung „Euer Schiff kann das!“ Tja, aber wie sieht es mit uns aus? Sind wir auf alles vorbereitet?
Wenn unterwegs etwas passiert, sind wir auf uns selbst gestellt. Hilfe würde erst Tage später – wenn überhaupt – eintreffen. Können wir wirklich mit dieser Vorstellung umgehen? Eine sehr große Verantwortung und Carsten hat man die Anspannung deutlich angemerkt.
Ich habe keine negativen Gedanken zugelassen. Für mich war klar, wenn wir in die Karibik wollen, dann müssen wir dadurch. Und Gedanken, dass uns etwas Größeres passieren könnte, wollte ich nicht zulassen. Vogel-Strauß-Politik bzw. Gottvertrauen waren für mich die besten Optionen. Schließlich haben wir versucht, uns so gut wie möglich vorzubereiten. Mehr konnten wir nicht machen…
Bye, bye Teneriffa
Es war ein ganz besonderer Moment, als wir den Hafen von San Miquel verließen. Der nächste Halt sollte in 21 Tagen Martinique sein. Damals wussten wir noch nicht, dass es anders kommen sollte…
Wir nahmen erst einmal Kurs auf die Kapverden. Aufgrund der Einreisebestimmungen für die Hunde war es klar, ein Stopp auf den Kapverden kam nicht infrage. Laut Windvorhersage wussten wir, wir mussten mit einer Flaute rechnen. Umso mehr freuten wir uns, dass wir die ersten beiden Tage angenehm segeln konnten. Der Wind war gemäßigt und die Wellen nicht zu hoch.
Nach 2 Tagen hatten wir auch unsere Seekrankheit überwunden und wir gewöhnten uns langsam wieder an das „Leben an Bord“. Die für uns doch neuen Manöver, wie das Ausbäumen der Segel, funktionierten immer besser.
Am 3. Tag schlief der Wind vollständig ein. Wir dümpelten nur noch. An Strecke machen, war nicht zu denken. Außerdem verursachten die schlagenden Segel einen Heidenlärm. Dieser Lärm und das Gefühl, nicht voranzukommen, belasteten uns doch sehr. Freuten wir uns erst noch über die ruhige Überfahrt, bedeutete es doch auf der anderen Seite, unserem Ziel nicht näherzukommen.
Auch wenn wir für einige Stunden den Motor angemacht hätten, war dies keine Optionen gewesen. Schließlich konnten wir nicht über den Atlantik motoren. Der Diesel reicht nur für ca. 4 Tage. Natürlich wollten wir ihn nicht schon am Anfang unserer Reise zu stark minimieren. So blieb uns nichts anderes übrig, als die Flaute auszusitzen, was emotional auch nicht einfach war. Dafür konnte Carsten die vorbeiziehenden Wellenhügel genießen. Als Münsterländer fühlte er sich im Land der wandernden Hügel.
Für die Fahrt zu den Kapverden benötigten wir länger als geplant und aus den prognostizierten 21 Tagen wurden jetzt schon 22 Tage.
Der Höhepunkt jeden Tages war das Wetterrouting. Leider blieb der doch so „beständige“ Passatwind weiterhin aus. Zwar nahm der Wind in den darauffolgenden Tagen zu, aber er kam für uns immer noch so unpassend, dass wir alle paar Stunden unsere Segelstellung anpassen mussten. Was zum Teil ein recht anstrengendes Unterfangen war.
Wie oft hatten wir von Seglern gehört, die bei ihrer Abfahrt von den Kanaren einmal ihre Segel stellten und sie erst bei ihrer Ankunft in der Karibik wieder herunterholten, ohne die Segelstellung einmal groß zu ändern. Für uns ein nicht gelebter Traum.
Im Land der fliegenden Töpfe
Auch wenn der Wind noch moderat war, nahm die Windsee immer mehr zu. D. h. auf die normale Wellenhöhe von 2 bis 3 m addierten sich noch die Wellen, die durch den Wind entstanden. Ungünstigerweise kamen diese unterschiedlichen Wellen nicht immer aus der gleichen Richtung. Was dazu führte, dass die BLACKFIELD unheimlich schaukelte. Äußerste Vorsicht war geboten, damit man nicht hinfiel.
Besonders am frühen Abend, wenn wir anfingen zu kochen, nahmen die Wellen zu. Schnell befanden wir uns vom Land der wandernden Hügel, im Land der fliegenden Töpfe! Beim Essen mussten alle Gegenstände auf dem Tisch festgeklemmt werden, damit sie nicht durch die Gegend flogen. Zum Glück war wenigstens das Geschirr rutschfest.
Vor allem nachts machten uns die Rollbewegung des Schiffes und der Krach, den die Segel verursachten, zu schaffen. An Durchschlafen war nicht zu denken. Zum Glück hatten wir kaum Schiffsbegegnungen und so konnten wir unsere nächtlichen Wachen im Salon abhalten. Obwohl wir versuchten tagsüber etwas Schlaf nachzuholen, waren wir sehr gerädert und übermüdet.
Die Tage zogen sich und wir waren nur noch froh, einen weiteren Tag geschafft zu haben.
Wenn man tagsüber die Wellenberge sah, war es ein komisches Gefühl ganz allein in seiner „Nussschale“ auf diesem großen Meer zu schwimmen. Weit und breit kein anderes Schiff in Sicht. Da wird schnell klar, wie wichtig es ist, sich auf sein „Material“ zu verlassen.
Als Team haben wir ausgezeichnet funktioniert und die Hunde haben die Reise mal wieder mit Bravour gemeistert. Aber ich kann heute wieder einmal bestätigen, dass Schlafentzug eine Foltermethode ist. Es ist wahnsinnig anstrengend.
Im Großen und Ganzen hatten wir eine einwandfreie Überfahrt, auch wenn sie länger als geplant gedauert hat. Und natürlich war es klar, dass der Autopilot einige Seemeilen vor Martinique ausfiel und ein Squall den anderen ablösen musste…. Aber dies war egal, als wir nach 24 Tagen die Lichter von Martinique erblickten und nach einer äußerst anstrengenden Anfahrt zum ersten Mal in Sainte-Anne den Anker fielen ließen….
Es war ein ganz besonderer Moment, den ich nicht in Worte fassen kann.
FAZIT
Auch wenn die Atlantiküberquerung ohne Komplikationen abgelaufen ist, können wir heute sagen, die nächsten Jahre werden wir wohl erst einmal nicht durch den Panamakanal fahren 😉…